Training: Qualität, statt Quantität

Derzeit habe ich verdammt wenig Zeit für ein regelmäßiges Training. Hausumbau, Arbeit, Studium und nicht zuletzt die Familie erfordern ein hohes Maß an Struktur und Opferbereitschaft, das Training ein ums andere Mal ausfallen zu lassen oder massiv zu verkürzen.
Wer jetzt aber denkt, dass dies auch mit einem Formverlust oder einem Leistungseinbruch einhergeht, der irrt!

Junkmiles vermeiden

Die Zeit, die mir zum Trainieren bleibt, versuche ich maximal zu nutzen. Das heißt, die meisten Einheit sind ziemlich genau geplant. Was will ich erreichen? Wo liegen die Schwerpunkte? Wo will ich hin?
Aufgrund eines derzeit fehlenden Ziels in Form eines Wettkampfes, auf den ich mich gezielt vorbereiten könnte, fällt das nicht unbedingt immer leicht. Aber auch ohne dies kann man viel erreichen.

Das Laufen

Anstatt eine Stunde stumpf durch den Wald zu Joggen, wäre eine alternative die Kraftausdauer zu schulen:

  • 10min Einlaufen
  • 10min Lauf-ABC
  • 10-15x Bergsprints, oder Treppentraining mit aktiver Pause
  • Rest: locker auslaufen.

Fertig ist eine qualitativ hochwertige Trainingseinheit. Auch beim “Long-Jog” können neue Reize gesetzt werden. Einfach mal innerhalb des Laufes sechs bis zehn Mal das Tempo über eine Distanz von 100m steigern. Danach dann wieder locker weiter Joggen. Dies hilft zur Verbesserung der Schnelligkeit und zur Aktivierung zusätzlicher Muskelzellen, die ansonsten friedlich vor sich hindösen würden.

Das Schwimmen

Beim Schwimmen verhält es sich ähnlich, ins Wasser und irgendwas trainieren, bringt aus Sicht des Trainingseffekts so viel wie gar nichts machen!
Gerade jetzt im Winter kann man schön komplette Technikeinheiten Schwimmen:

  • 200m Einschwimmen
  • 6x50m Technikübungen
  • 2x100m Lagen
  • 2x100m ganze Lage
  • 6x50m Schwimmkombinationen
  • 2x100m Lagen
  • 2x100m ganze Lage
  • 6x100m je 25m Technik, 25m ganze Lage, 25m Delfin, 25m ganze Lage
  • 200m Ausschwimmen

Macht 2,5km hochwertiges Training.
Obwohl viele der Meinung sind, dass im Winter hauptsächlich die Grundlagenausdauer trainiert werden sollte, darf man auch ruhig mal ein wenig an der Temposchraube drehen:

  • 200m Einschwimmen
  • 6x50m Technikübungen
  • 8x50m im Wechsel: 12,5m Sprint (ohne Abstoßen), 12,5m locker, 12,5m Sprint, 12,5m locker
  • 100m Locker
  • 10x50m ganze Lage auf Abgangszeit[ref]So finden Sie Ihre Abgangszeit: Schwimmen Sie einen sehr schnellen 50er nach dem Einschwimmen, um ein Richtmaß für die geregelte Abgangszeit (Startzeit) zu bekommen. Sie wird als Grundlage zuzüglich 20 bis 25 Sekunden genommen (so erhalten Sie eine glatte Abgangszeit), um diese Serie besser organisieren zu können.
    Beispiel: 50 Meter in 38 Sekunden + 22 Sekunden = Abgangszeit alle 60 Sekunden
    (Quelle: swim.de)[/ref]
  • 5x100m Lagen (GA I)
  • 200m Ausschwimmen

Danach sollten die Arme ordentlich brennen.

Das Radfahren

Gerade im Winter setzen sich die meisten ungern aufs Bike. Wer sich doch traut, darf im Frühjahr auf eine gute Grundlage aufbauen und muss nicht bei Null anfangen. Hier ein Beispiel für eine Stunde die sich auch im Winter gut absolvieren lässt:

  • 15min locker Einrollen
  • 3x je 5min GA2 mit:
    • 1. Hoher Trittfrequenz,
    • 2. Hohem Widerstand,
    • 3. Einer Kombination aus 1. & 2.
    • dazwischen jeweils 5min locker Kurbeln
  • 15min Auskurbeln

Auch für die “Indoor-Pedalisten” gibt es viele Möglichkeiten das Training abwechslungsreich und effizient zu gestalten. Wie wäre es zum Beispiel hiermit:

  • 30min Einrollen
  • 2x je 5min jeweils nur linkes Bein oder rechtes Bein, dazwischen 5min locker mit beiden Pedallieren
  • 30min Progressiv fahren, also locker anfangen dann schneller werden und die letzten 5min versuchen etwas über dem geplanten Wettkampftempo zu bleiben.
  • 30min locker Ausrollen

Das Stabitraining

Leider wird genau das viel zu oft unter den Tisch fallen gelassen. Dabei liegt genau hier ungeahnt viel Potenzial. Ihr vermindert nicht nur das Risiko einer Verletzung, nein obendrein gibt es noch einen Performance Boost dazu!
Hierzu Beispiele zu geben ist allerdings nicht einfach. Daher behelfe ich mir einfach mit einer App-Empfehlung für iOS: You are your own Gym hilft dabei ein sehr gutes Ganzkörpertraining auf die Beine zu stellen. Ihr gebt einfach ein wie lange und was Ihr trainieren wollt, den Rest mach die App alleine. Massiver Schweißverlust garantiert!

Ihr seht, es geht auch anders. Wenig Zeit heißt nicht gleichzeitig auch schlechtes Training. Mit ein wenig Vorarbeit in Form von Überlegungen, was möchte ich wann machen, erreicht man eine gute Ausgangslage für ein späteres Training, bei dem man wieder mehr Zeit hat.

Ein Wenig Struktur Im Training Hilft Jedem

Es gibt viele Dinge, die ich wohl nie verstehen werde, aber eines ganz sicher nicht: Den Übereifer beim Training von Hobbysportlern. Hier beispielhaft: Der Triathlet

Wer kennt das nicht, man unterhält sich ein wenig mit Bekannten oder Kollegen über sein Training, wie es läuft, dabei hört man dann immer wieder das gleiche – letzte Woche: 70km gelaufen, 180km Rad gefahren, 8km geschwommen und 2h Krafttraining gemacht. Klasse, was!? Aber die heutige Einheit kann er nicht voll mitmachen, es zwickt wieder XXX* (hier, je nach Sportart, beliebiges Körperteil einsetzen). Wer dann genauer nachfragt, bekommt ein Zeugnis schematisch abgespulter Einheiten: Gelaufen wird nach irgendeinem (sorry) blöden Trainingsplan aus dem Netz, Rad gefahren wird nach Gefühl (natürlich zu schnell), Schwimmen? immer getreu dem Motto: Viel hilft viel! Und beim Krafttraining gibt`s eh nur drei Übungen, die was bringen und von denen möglichst viele, möglichst schnell. Struktur, oder Pause? Fehlanzeige!

Strukturiertes Training ist nicht schwer

Dabei kann alles so einfach sein – und ich garantiere, unterm Strich hat man sogar am Ende mehr Zeit! 3:1, 2:1 und 80–15–5 sind weder Fußballergebnisse noch Körpermaße. Es sind die Formeln, mit denen jeder auf einfachste Art und Weise Struktur in seinen Trainingsplan bekommt. Dazu muss ich aber ein wenig ausholen…

3:1, 2:1

Periodisierung heißt das Zauberwort. Gemeint ist damit, seine Trainingsmethoden und die Intensität derart zu planen, dass der Sportler am Tag X punktgenau fit ist. Hierzu wird das Training in Zyklen eingeteilt:

  • Mikrozyklus
  • Mesozyklus

  • Makrozyklus

Mikrozyklus
Als kleinstes Element dient hier die eigentliche Trainingseinheit. Auf drei Tage mit einer ansteigenden Belastung folgt ein Entlastungstag (3:1), danach folgen wieder zwei Tage Belastung und ein Tag Entlastung (2:1). Gerade für Triathleten bietet sich diese Wocheneinteilung an, man hat die Möglichkeit in den drei Kernsportarten jeweils unterschiedliche Reize zu setzen, ohne dass dabei die Qualität wegen der Vorermüdung leidet.

Mesozyklus
Auch die Wochenbelastungen sollten innerhalb eines Monats nach dem 3:1 Rhythmus ansteigen. Auf drei ansteigende Trainingswochen mit (z.B.) 11h, 12h und 14h Training folgt eine Regenerationswoche mit zusammen 10h Training, in denen überwiegend im regenerativen Bereich trainiert wird. Als ein guter Wert hat sich 75 Prozent der Gesamttrainingszeit der Vorwoche erwiesen. Auch sollte man bei der Steigerung der Umfänge vorsichtig sein, gerade Neulinge steigern diese viel zu schnell. 10% Steigerung pro Woche ist ein gutes Maß, an das man sich halten kann. Auch die alten Hasen sollten mit einer zu sprunghaften Steigerung ihrer Umfänge aufpassen, es drohen langwierige Verletzungen und viele Probleme.

Makrozyklus
Auch in der jährlichen Trainingsplanung findet sich das Be- und Entlastungsprinzip wieder. Das Trainingsjahr wird grob in fünf Perioden unterteilt:

Vorbereitungsperiode 1
In der Ruhe liegt die Kraft. Die VP 1 dient zum Aufbau der Grundlagenausdauer und hat das klare Ziel die technischen und körperlichen Grundlagen für Ausdauer und Kraft zu legen. Die VP 1 dauert rund 8 bis 12 Wochen.

Vorbereitungsperiode 2
Hier wird langsam die Intensitätsschraube nach oben gedreht, das Training wird spezifischer und sowohl Umfang als auch Intensität steigen kontinuierlich. Erste kleinere Wettkämpfe zur Standortbestimmung sind gerne gesehen. Dauer 8 bis 12 Wochen.

Vorbereitungsperiode 3
Auch spezifische Wettkampfvorbereitung genannt, hier darf es gerne hart und herzlich werden. Das Training der wettkampfspezifischen Ausdauer (WSA) liegt hier im Fokus, dies kann auch gerne in Form von Trainingswettkämpfen und harten Trainingseinheiten passieren. Dauer der VP 3: 4 bis 6 Wochen.

Wettkampfperiode
Hier wird nochmals hart an der WSA gearbeitet und versucht, diese Leistung zu konservieren. Die hohen Umfänge sollten zu Gunsten der Regeneration zurückgeschraubt werden, es droht ansonsten eine Gefahr von Überlastung. Hier zeigt sich, wer den Winter über eine gute Grundlage gelegt hat. In der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung gilt es, dem Körper nochmals ein wenig Ruhe zu gönnen, in der Sprache der Trainer heißt das Tapering. In dieser Phase wird der Umfang bei gleichbleibender Intensität um bis zu 40% zurückgenommen. Die Wettkampfperiode dauert in der Regel 2 bis 3 Wochen.

Übergangsperiode
Ja, auch diese gilt es zu erwähnen, denn sie ist wichtig! Hier sollte der Hobbysportler Geist und Körper Ruhe und Erholung gönnen. Trainiert wird nach Lust und Laune, gerne auch mal triathlonunspezifisch. Die Dauer ist sehr individuell, sollte aber mindestens 4 Wochen betragen, damit der Körper wirklich vollkommen erholt ist und wieder richtig Lust auf das kommende Training zurückkommt.

80–15–5

Damit ist im Grunde nur die Aufteilung nach der Trainingsintensität gemeint, 80% des Trainings sollten im Grundlagenbereich (GA 1) stattfinden, 15% im GA 2 und die restlichen 5% sind für die WSA gedacht. Diese Aufteilung ist allerdings nicht starr für das jeweilige Training gedacht, es dürfen auch gerne mal in einem lockeren GA 1 Lauf Steigerungsläufe eingebaut werden, oder auf dem Rad der nächste Berg mit “kette rechts” gefahren werden. Jedoch sollte man im Großen und Ganzen auf eine ähnliche Aufteilung des Trainings kommen. Nun gilt noch zu klären, wie sich die einzelnen Bereiche (GA1, GA2 und WSA) zusammensetzen. Hierzu vorab ein Hinweis. Die Sportwissenschaft hat keine einheitliche Definition der verschiedenen Trainingsbereiche, die hier vorgestellten Werte sind die meiner Meinung nach gebräuchlichsten.

GA 1
Die Belastung ist hier für den Körper so niedrig, dass dieser ausreichend Zeit hat, um unter Zufuhr von Sauerstoff einen relativ hohen Anteil an Fetten zu verbrennen. Üblicherweise wird bei 60 – 75% des [Maximalpulses] trainiert.

GA 2
Hier steigt der Anteil der verbrannten Kohlenhydrate gegenüber den Fetten deutlich an. Das Training findet jedoch trotzdem noch im aeroben Bereich bei 75 – 85% des Maximalpulses statt. In diesem Bereich befinden sich auch die meisten Hobby-Athleten bei Ihren Wettkämpfen.

WSA
Die Intensität beträgt mehr als 85% des Maximalpulses. Es wird ausschließlich im anaeroben Bereich trainiert, somit bilden sich die Fähigkeiten Schnelligkeit, Kraft und Laktat-Toleranz am besten aus.

Um seinen Maximalpuls zu bestimmen, empfiehlt es sich eine Leistungsdiagnostik zu absolvieren, hier erfährt der Hobbysportler genau, auf welchem Stand sein Körper sich befindet und in welchen Bereichen er trainieren sollte. Generell mache ich sehr oft die Beobachtung, dass viele Sportler ihre GA 1 Einheiten zu schnell und die WSA Einheiten zu langsam durchführen und somit viel Potenzial verschenken.

Ein paar warme Worte zum Schluss

Freilich muss nicht jeder, der irgendwann mal einen Triathlon bestreiten möchte, sich stur nach diesen Vorgaben richten, aber sie helfen dabei, den richtigen Plan für die Verwirklichung seiner Ziele zu definieren.

Leider trainieren gerade viele der ambitionierteren Sportler nach Plänen, die sie irgendwo im Netz gefunden haben und die ohne hinterfragen abgespult werden. Dabei wird vollkommen außer Acht gelassen, dass gerade im Triathlon mehr als nur eine Disziplin trainiert werden sollte und gerade das Zusammenspiel der einzelnen Trainingseinheiten den Reiz, aber auch die Komplexität der Planung ausmacht. So entstehen viele Überlastungsprobleme bis hin zum Übertraining und das, obwohl man ja eigentlich was für seine Gesundheit machen möchte.

Sucht euch lieber einen Verein, der einen Trainier engagiert hat. Oder gönnt euch statt teurer neuer Laufräder lieber für ein paar Monate einen Personal Coach. Der bringt letztendlich mehr, schont obendrein noch eure Gesundheit und ist unterm Strich damit wahrscheinlich noch billiger.