Tour zur Zugspitze

Nun klettern und steigen meine besser Hälfte und ich schon seit einiger Zeit auf viele Berge, aber auf der Zugspitze, dem höchsten Gipfel Deutschlands, waren wir bisher noch nie. Zeit also, das zu ändern. Allerdings war die Tour von ein paar Ereignissen geprägt, die mich nachdenklich gestimmt haben.

Unser Ziel: Die Zugspitze

Am Pfingstsonntag ging es um fünf Uhr von Weißenburg aus nach Hammersbach auf eine Höhe von 770m. Die Aufstiegsroute verlief über das Hölltalklamm, die Hölltalklamm und über den Hölltal-Klettersteig zum Gipfelkreuz.
Da die Hölltalangerhütte dieses Jahr renoviert wird, hat der Wanderer auf dem gesamten Aufstieg – immerhin 2224 Höhenmeter – mit Ausnahme der Klammeingangshütte keine Möglichkeit sich zu verpflegen oder zu übernachten.

Um acht Uhr sind wir in Hammersbach am Parkplatz (4 Euro pro Tag) gestartet. Die ersten Stunde wanderten wir einen Forstweg stetig steigend ins Tal hinein.

Der Weg zur Hölltalklamm

Ehe man sich versieht, steht man am Eingang der Klamm (1047m). Hier werden für Mitglieder des Alpenvereins ein Euro Eintritt fällig. Diese werden zum Erhalt der Infrastruktur verwendet, Nichtmitglieder zahlen vier Euro.

In der Klamm war es wegen des vielen Schmelzwassers sehr nass. Wer an diesem Tag nicht durch das herabtropfende Wasser der umliegenden Felswände völlig durchnässt werden wollte, durchschritt die Passage möglichst rasch.

Viel Wasser in der Klamm

Nach der Klamm ging es noch ein paar Minuten weiter Bergauf. Bald erreichten wir die Baustelle wo zuvor einmal die Hölltalangerhütte (1381m) gestanden hat – die Neueröffnung ist für 2015 geplant.

Ziel schon

Vor dort aus geht es über deutlich alpineres Gelände zur ersten kleineren Steigpassage. Diese ist relativ harmlos und sehr gut mit Drahtseilen und Stahlstiften gesichert.

Der erste richtige Felskontakt

Die Kletterei war schnell vorbei, weiter ging es über viel Schotter über einen kleinen Pfad zum Hölltalferner. An diesem angekommen hieß es für uns: Steigeisen anziehen! Es lag noch sehr viel Schnee auf dem Gletscher, so dass die Spalten geschlossen waren – aber sicher ist sicher. Am Gletscherrand trafen wir auch auf weitere Aspiranten für den Gipfel, ein Team aus drei Kletterern aus Tschechien, eine Seilschaft von Sieben aus Polen und jeweils zwei Duos aus Deutschland.


Der Hölltalferner mit viel Schnee

Der Gletscher selbst ist unspektakulär, leicht geneigt geht es nach oben in Richtung Fels, zuletzt nochmals ein wenig steiler, aber nichts was erfahrene Kletterer absichern müssten. Eine der Schlüsselstellen der Tour ist der Übergang vom Gletscher zurück an den Fels – die sogenannte Randkluft (auf etwa 2400m).
Wegen der Schneeschmelze war der Gletscher nicht mehr direkt mit dem Fels verbunden und es musste eine “Spalte” von rund einem Meter Breite überwunden werden. Dies war aber bei uns nicht der Fall, der Schnee reichte nahezu bis an den Fels, die Kluft war mit 10–15cm Breite noch angenehm klein und die Schneebrücken machten auch noch einen stabilen Eindruck.
 Leider verlor ein Mitglied meiner Gruppe hier ein Steigeisen, dieses ist beim Ausziehen leider genau in eines der Schneelöcher der Randkluft gefallen.
Das sollte leider nicht das einzige Problem an diesem Tag bleiben…

Der letzte Anstieg zur Randkluft

Blockaden im Steig

An der Randkluft hörten wir auch zum ersten Mal von Problemen im oberen Teil des Steiges. Zwei Bergsteiger kamen von oben wieder herunter und berichteten, dass etwa 25(!) Personen im letzten Teil des Steiges feststecken würden – sie hätten kein Seil, keine Steigeisen, oder schlicht gar nichts dabei. Da das Sicherungsdrahtseil aber unterhalb des Schnees lag und somit keinerlei Sicherungsmöglichkeit bestand, würden Sie sich nun weder vor noch zurück trauen. Nach kurzer Beratung mit meiner und auch mit den anderen Gruppen – alle nachkommenden hatten jeweils ein Seil und entsprechende Ausrüstung dabei – wurde beschlossen weiter aufzusteigen und zu schauen, ob wir nicht irgendwie helfen können.

Der zweite Teil des Klettersteiges ist, ähnlich wie der erste, vom technischen Anspruch recht anspruchslos. Einzig die Ausgesetztheit an einigen Passagen lässt manche ein wenig tiefer durchatmen. Was noch erschwerend hinzukam war die Tatsache, dass auch schon im unteren Teil einige Passagen des Drahtseiles noch unter der Schneedecke lagen und man somit Seil- und Sicherungsfrei gehen musste. Das erfordert ein wenig Konzentration und Wachsamkeit, ist aber in der Regel kein Problem. Dachte ich zumindest.


Wir waren etwa 200hm unterhalb des Gipfels und konnten die Szenerie oberhalb von uns gut beobachten. Die Bergwacht war mittlerweile alarmiert worden und hatte begonnen, die Personen, die im Schneefeld hängen geblieben waren per eingerichteter Seilwinde zu bergen, als hinter uns ein lauter Schrei zu vernehmen war.


Einer der polnischen Bergsteiger war an einer ungesicherten Stelle abgerutscht, rund 15 Meter in die Tiefe gestürzt und lag nun regungslos auf einem kleinen Absatz. Nach kurzer Absprache mit dem Rest der polnischen Gruppe und den nachfolgenden Bergsteigern wurde uns signalisiert, dass versucht wird, den Verletzten zu bergen, der mittlerweile wieder bei Bewusstsein war. Der Ort des Geschehens war von uns aus gesehen recht weit weg und es waren genug Personen vor Ort, so dass wir erst mal abgewartet haben was passiert. Zudem konnten wir von unsere Position aus sowohl mit der Bergwacht, die ja oberhalb zugange war, als auch mit den Gruppen am Ort des Geschehens kommunizieren.
Die Bergwacht hat auch gleich gefragt, was los sei und ob Hilfe benötigt würde. Dies wurde nach einigem hin und her (leider spricht keiner von uns Polnisch) bejaht und es wurde der Heli verständigt.

Zwischenzeitlich war der Verunfallte schon wieder auf dem Steig und wurde versorgt. Zum Glück hatte er nur ein paar Schürfwunden und einen Schock – er wollte nämlich gleich weiter aufsteigen. Nachdem ihm aber klargemacht wurde, dass bald der Heli seinetwegen hier erscheinen würdem hat er wohl den Ernst seiner Lage verstanden.

Nach weiterer Absprache mit der Bergwacht wurde vereinbart, dass wir alleine weiter zum Gipfel aufsteigen würden. Schließlich hatten wir ja genug Seile dabei – weit gefehlt, was ich bis dato nicht wusste: das Seil der polnischen Bergsteiger war nämlich mit in die Tiefe gestürzt und nicht mehr erreichbar.

Also mussten wir uns mit zwei 15 Meter und einem 30 Meter und insgesamt 13 Leuten den Weg zum Gipfel erarbeiten. Dies haben wir durch die Einrichtung von Fixseilen realisiert, die immer, wenn sich ein Sicherungspunkt ergeben hat, eingerichtet wurden. Letztendlich haben wir für die letzten 150 Höhenmeter zum Gipfel fast vier Stunden gebraucht. Normalerweise wäre die gleiche Strecke in rund 30 Minuten zu bewältigen gewesen. Sie war zwar voller Schnee und Sicherungen waren nur sporadisch vorhanden, aber mit Steigeisen und Pickl ist das ein recht einfaches Unterfangen, sofern man sicher auf seinen Füßen steht.

Es wurde Fixseile von uns eingerichtet

So standen wir letztendlich um 20 Uhr am Abend am Münchner Haus und wurden dort gut bewirtschaftet. Ein kurzes Gespräch mit dem Hüttenwirt brachte zutage, dass das, was wir erlebt haben keine Ausnahme war, sondern die Regel!!!

Das Gipfelkreuz im Abendrot

Was bleibt

Ist erneut die Erkenntnis, dass viele “Bergsteiger” die alpinen Gefahren vollkommen unterschätzen und meinen, dass solch eine Unternehmung ein einfaches Unterfangen sei. Dazu kommt, dass selbst wenn ein wenig Material vorhanden ist, mit diesem kaum oder gar nicht richtig umgegangen werden kann. Standplatzsicherung, ein einfacher Prusik? – Fehlanzeige!
Zugegeben, die Situation ist natürlich eine andere wenn man gerade gesehen hat, wie ein Mensch fast zu Tode gekommen ist. Aber gerade dann sollte man seine Sieben Sinne beisammen halten und zumindest die Selbstsicherung beherrschen.
Also, hier nochmals der Aufruf an alle, die irgendwann mal planen ins Gebirge zu gehen:

  • Macht euch mit den Bedingungen vor Ort vertraut, wir hatten z.B. den DAV in GAP angerufen und gefragt wie es am Steig ausschaut.
  • Nehmt entsprechende Ausrüstung mit, nur weil irgendjemand, irgendwo im Internet geschrieben hat, dass ‘Er’ das ohne gemacht hat, heißt das noch lange nicht, dass Ihr das auch könnt. Jeder hat irgendwann mal ein kopfmäßiges Tief und ist froh, wenn in solch einer Situation ein Seil, oder eine Sicherungsmöglichkeit in Form von Bandschlingen o.ä. vorhanden sind.
  • Zumindest ein kurzes Seil sollte bei den meisten Touren im Gepäck sein.
  • Schaut euch den Wetterbericht an, an diesem Wochenende waren es selbst auf >2500hm noch über 30Grad in der Sonne, somit ist die Aufnahme von ausreichend Flüssigkeit enorm wichtig!
  • Hört auf euren Körper – niemand sollte euch böse sein, wenn Ihr körperlich oder seelisch nicht mehr in der Lage seid weiterzugehen. Lieber frühzeitig Bescheid geben, als im Nachhinein die Gruppe unnötig durch eine unüberlegte Handlung in Gefahr zu bringen.
  • Besucht Kurse und Fortbildungen. Der DAV bietet regelmäßig Grundkurse im Fels und Eis an. Hier werden die Grundlagen für sicherheitsbewusstes verhalten im Gebirge gelehrt.

Ich hoffe, dass diejenigen die diesen Artikel lesen, sich nochmals Gedanken machen, ob die geplante Tour auch wirklich das Richtige ist. Schließlich wollen wir doch alle wieder gesund und munter vom Berg herunterkommen.

PS: Auch die Bergwacht hat über den Pfingstsonntag einen Bericht verfasst.